Alexander Zverev zeigt sich in Melbourne in bestechender Form. Der erste Grand-Slam-Titel für den Deutschen scheint greifbar. Nur eine Sache würde er auf keinen Fall machen.
Als Straßenfeger konnte man das Spiel von Alexander Zverev nicht gerade bezeichnen. Deutschlands derzeit bester Tennisspieler machte mit seinem Gegner kurzen Prozess. In gerade mal zwei Stunden fegte der 29-Jährige den überforderten Pedro Martínez aus Spanien mit 6:1, 6:4, 6:1 vom Centre Court der Rod Laver Arena.
Noch auf dem Platz entschuldigte sich Zverev für den Blitzsieg. „Ich werde älter, deswegen muss ich die Dinge etwas abkürzen und kann nicht mehr so viel Entertainment anbieten“, sagte Zverev im Interview ironisch. „Aber ich hoffe, dass ich Euch in den kommenden Partien wieder mehr bieten kann“, fügte er an das Publikum gewandt hinzu.
Die Zuschauer in der Arena ließen gegen Ende des Matches die La-Ola-Welle durchs Stadion gehen, um wenigstens ein bisschen Abwechslung zu bekommen. Zu einseitig waren die Kräfteverhältnisse auf dem Platz verteilt. Zverev ließ vom ersten Ballwechsel an keinen Zweifel daran, dass er bei den Australian Open angetreten ist, um das Turnier zu gewinnen. Sein Aufschlag kam druckvoll und gewohnt zuverlässig, das Grundlinienspiel war beinahe fehlerfrei und selbst bei den seltenen Ausflügen ans Netz behielt er die Nerven und zauberte wunderschöne Volleys auf den Centre Court.
In dieser Form wird der Deutsche schwer zu stoppen sein auf dem Weg zum ersehnten ersten Grand-Slam-Titel. 36. Mal hatte er es zuvor schon versucht, meistens stand ihm entweder ein übermächtiger Gegner oder das eigene Nervenkostüm im Weg. Doch so locker, wie er an diesem Abend auftrat, ist kaum vorstellbar, dass ihn etwas aus der Ruhe bringen könnte.
Das Spiel selbst hatte er so einseitig gestaltet, dass der Moderatorin des Turnier-Fernsehens beim Interview die Fragen auszugehen schienen. Also wies sie Zverev darauf hin, dass einige Spieler bei dem Turnier mit neuen Haarschnitten angetreten seien – vor allem mit dem in Australien beliebten „Mullet“, also rundherum raspelkurz und hinten lang. Ob er sich auch so einen schneiden lasse, sollte er gewinnen? „Nein“, antwortete Zverev ohne zu zögern. Was er denn dann von den modischen Kollegen halte? „Das sind Idioten“, sagte er und lachte.
„Nein, im Ernst. Ich bin froh, dass ich noch alle Haare habe“, fuhr er fort. „Den Jungs kann ich nur sagen: Ihr werdet noch alle früh genug eine Glatze bekommen. Also, macht lieber was daraus und lasst sie wachsen.“ Das Publikum johlte.
Die Sympathien hat der Deutsche in Melbourne sowieso auf seiner Seite. Das Publikum unterstützt ihn zahlreich. Und auf der Tribüne saß, wie schon beim ersten Spiel, auch diesmal wieder seine Freundin, die Schauspielerin Sophia Thomalla. Wenn die Kameras nicht gerade auf Zverev gerichtet sind, dann fangen sie Thomalla ein. Die beiden sind derzeit das Glamourpärchen des Welttennis.
Am Freitag werden die beiden wieder im Rampenlicht stehen, da tritt Zverev in der dritten Runde gegen Kyrgios-Bezwinger Jacob Fearnley an. Zverev hofft dann wieder auf ein Abendspiel. Er liebe die Night Sessions, sagte er. „Nun“, fragte die Moderatorin mit Blick auf die nächste Runde, „dann möchtest du doch bestimmt einen Antrag bei der Turnierorganisatoren stellen?“. Der Weltranglistenzweite gab sich bescheiden. „Ach, was die Zeiten angeht, stehe ich nicht an erster Stelle, da sind Djokovic, Alcaraz und andere vor mir an der Reihe. Ich komme da erst an vierter, fünfter, sechster Stelle“, feixte er.
Wichtig ist nur, dass er am Ende des Turniers an erster Stelle kommt – wenn die Siegertrophäe vergeben wird. Vielleicht lässt er sich dann ja doch noch die Haare schneiden.