Weihnachtsgeschenk von der Sonne
Sonde fliegt spektakulär nah an unserem Stern vorbei
23.12.2024 – 11:45 UhrLesedauer: 3 Min.
Eine Raumsonde fliegt an Weihnachten tief in die Atmosphäre der Sonne und erreicht unerforschte Regionen. Astronomen warten gespannt auf die ersten Signale.
Eine Raumsonde fliegt durch die Sonnenatmosphäre und kommt der Sonne genau zu Weihnachten so nahe wie kein menschengemachtes Objekt zuvor. Nach Berechnungen der US-Raumfahrtbehörde Nasa kommt ihre Sonde „Parker Solar Probe“ bis auf rund sechs Millionen Kilometer an die Oberfläche der Sonne heran – ein Rekord.
Das Rendezvous von Sonde und Sonne am 24. Dezember gegen 13 Uhr unserer Zeit könne zunächst kein Mensch bemerken, „da wir zu dieser Zeit keinen Funkkontakt zur Sonde haben“, sagt der Astrophysiker Volker Bothmer von der Universität Göttingen.
Erst in der Nacht zum 27. Dezember erwartet das Forscherteam – sollte alles gut gegangen sein – ein Signal. „Dann sendet die Sonde ein Lebenszeichen zur Erde.“ Das geschehe über ein kurzes autonomes Funksignal, vergleichbar mit dem Aufblinken eines Leuchtturms.
Erste Daten werde es erst Ende Januar geben, wenn die Hauptantenne der Sonde zur Erde zeige. „Es wird aber einige Jahre dauern, bis wir alle Daten ausgewertet und verstanden haben.“ Bothmer leitet die deutsche Beteiligung an der Mission und hat unter anderem ihr Konzept sowie eine Weitwinkelkamera mitentwickelt.
Die Sonde von der Größe eines Kleinwagens habe an ihrem geplanten sonnennächsten Punkt eine Geschwindigkeit von etwa 690.000 Kilometer pro Stunde und halte Temperaturen von rund 1.000 Grad Celsius aus, schreibt die Nasa. Sie fliege damit schneller als jedes andere bislang vom Menschen gebaute Objekt. Würde sich ihr 11,4 Zentimeter dicker Hitzeschild aus Kohlenstoff jedoch nur leicht verschieben, würden Bothmer zufolge ein Großteil der Instrumente, auch die mit deutscher Hilfe entwickelte Kamera, verglühen.
Die Forscher erwarten unter anderem Erkenntnisse darüber, warum die äußere Atmosphäre der Sonne um ein Vielfaches heißer ist als ihre Oberfläche. Das könnte mehr Aufschluss über die Funktionsweise der Atmosphären von anderen Sternen geben. „Wir wissen nicht genau, welche Weihnachtsgeschenke die Sonne uns macht“, meint Bothmer. Er rechne aber mit Überraschungen. Es gebe zahlreiche Fragen: Wie werden die Sonnenströme in ihrer Atmosphäre erzeugt? Wie entstehen Sonnenwind oder Sonnenstürme?
Die Sonde „Parker Solar Probe“ ist nicht der erste menschengemachte Besucher der Sonne: Bereits in den 1970er Jahren starteten die deutsch-amerikanischen Sonden „Helios 1“ und „Helios 2“, die jedoch mit rund 45 Millionen Kilometern einen gebührenden Abstand zum Hitzeball hielten.
Die im August 2018 gestartete, rund 700 Kilogramm schwere Sonde „Parker Solar Probe“ umkreist die Sonne bislang auf stark elliptischen Bahnen und gelangt daher immer wieder abwechselnd in Sonnennähe und Sonnenferne. Bereits bei ihrem ersten Vorbeiflug im Oktober 2018 war sie laut Nasa mit 42,7 Millionen Kilometern so nahe an die Sonne herangekommen wie kein anderes Raumschiff zuvor.
Im Jahr 2021 durchflog sie als erste Sonde die äußerste Atmosphärenschicht der Sonne – Korona genannt. „Zum ersten Mal in der Geschichte hat eine Raumsonde die Sonne berührt“, schrieb die Nasa damals. 2023 kam sie sogar auf etwas mehr als 7 Millionen Kilometer an die Oberfläche der Sonne heran.
Die Nähe von rund sechs Millionen Kilometern bedeutet laut Bothmer ein nochmals tieferes Eintauchen in die Sonnenkorona. „Wir werden dadurch Daten aus Bereichen der Sonnenatmosphäre bekommen, die es niemals zuvor gegeben hat. In dieser Nähe befinden wir uns dann in den Geburtsregionen des Sonnenwindes und der Sonnenstürme.“
Zum Vergleich: Die Erde ist im Schnitt etwa 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, der sonnennächste Planet Merkur rund 58 Millionen Kilometer.
Nach der Annäherung an die Sonne am 24. Dezember fliege die Raumsonde voraussichtlich auf der gleichen elliptischen Bahn weiter und werde sich dem Gestirn am 22. März und 19. Juni erneut in rund sechs Millionen Kilometer Entfernung annähern, sagt Bothmer. Was danach geschehen soll, werde derzeit erörtert: „Wir hoffen, dass wir noch viele weitere Jahre mit der Sonde „Parker Solar Probe“ arbeiten können.“