Jens Spahn hat mit einer Aussage über die sogenannten „tethered caps“ – an Plastikflaschen fest befestigte Deckel – Spott provoziert. Dabei geht es um ein Alltagsprodukt, das viele wieder loswerden wollen.
Jens Spahn wollte deutlich machen, dass er Deutschland für eine innovationsfeindliche Wirtschaftsnation hält. Das Rednerpodium auf dem Deutschlandtag der Jungen Union ist durchaus bekannt dafür, dass man hier Zuspitzung verträgt und verlangt. Spahn lieferte, wie bestellt:
„Während Elon Musk der Welt zeigt, dass eine Rakete sogar wieder rückwärts einparken kann, führen wir hier in der EU die Trinkflaschen ein, wo man jedes Mal beim Trinken irgendwie … (Spahn fuchtelt mit den Händen vor seinem Gesicht herum). Das ist unsere Innovation und die machen das Space Ship. Das ist der Unterschied im Denken“, schimpfte Spahn unter dem Applaus der Delegierten.
Sein Beitrag zielte ab auf die sogenannten „tethered caps“: Deckel von Einwegplastikflaschen und Getränkekartons, die seit einem Jahr mit dem Behältnis verpflichtend über einen Plastikstreifen fest verbunden und in den Augen mancher Konsumenten unpraktisch beim Trinken sind.
Der steile Vergleich zwischen den Deckeln und dem Musk-Raumschiff blieb nicht unwidersprochen. Ricarda Lang, die scheidende Bundesvorsitzende der Grünen, entgegnete auf X: „Weiß jetzt nicht, ob ich die ganze Welt dran teilhaben lassen würde, dass ich zu dusselig bin, einen befestigten Deckel zu verwenden.“ In einem Folge-Post ergänzte sie: „Das Lustige ist: Ich finde diese Deckel auch komplett nervig. Aber ich hatte irgendwie noch nie das Bedürfnis, meine eigene Alltags-Bräsigkeit zur politischen Schicksalsfrage dieses Landes zu erklären.“
Ihre Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt kommentierte ebenfalls auf X spitz: „Stell dir vor, dein größtes Problem ist, dass der Deckel an der Flasche bleibt.“ MDR-Moderator Axel Bulthaupt stieß ins selbe Horn: „Ich sag mal so, wenn dich schon ein Deckel überfordert, vielleicht besser nicht so laut schreien: Ich will aber Minister werden.“
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz wies darauf hin, dass Spahn zumindest mittelbar an der Einführung der „tethered caps“ beteiligt war. Einen Screenshot der entsprechenden Verordnung kommentierte er auf X mit der Feststellung: „Das Bundeskabinett hat am 10. Februar 2021 die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung (EWKKennzV) beschlossen. Diesem Kabinett gehörte Jens Spahn an.“
Polenz verschwieg allerdings, dass die damalige Bundesregierung, deren Mitglied Spahn in der Tat gewesen war, mit der Einführung der befestigten Deckel eine Maßgabe der Europäischen Union umsetzen musste: die bereits 2019 vom EU-Parlament beschlossene EU-Einwegkunststoffrichtlinie, in der die feste Verbindung von Einwegkunststoffflaschen und Deckeln fest vorgeschrieben ist.