Bis zu 20 Prozent aller Kinder haben Neurodermitis. Die Hautkrankheit verursacht starken Juckreiz – besonders nachts. Sieben Tipps, die helfen.

Neurodermitis ist eine chronische, nicht ansteckende Hautkrankheit, bei der die Hautbarriere gestört ist. Sie beginnt häufig im Kindesalter. Die Haut der Betroffenen ist gerötet, trocken, schuppig, rissig und anfällig für Keime, Reizstoffe und allergieauslösende Stoffe wie Allergene. Die Folge sind Entzündungen, sogenannte Ekzeme, die typischerweise nässen und jucken. Der oftmals intensive Juckreiz kann vor allem nachts quälend werden. Es gibt aber Möglichkeiten, ihn zu lindern.

Neurodermitis ist bei Kindern stark verbreitet

Laut Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat in Deutschland jedes sechste bis zwölfte Kind unter sechs Jahren Neurodermitis. Damit ist Neurodermitis die häufigste chronische Hauterkrankung im Kindesalter.

Das erste Symptom einer Neurodermitis ist oft Milchschorf im Gesicht sowie ekzematöse Hautveränderungen an den Beugen, also den Innenseiten von Armen und Beinen. Häufig steht die Hauterkrankung mit einer Allergie in Zusammenhang. Dann sprechen Fachleute von einem atopischen Ekzem oder einer atopischen Dermatitis.

(Bildquelle: Nicole Eberwein) (Quelle: Nicole Eberwein)

Zur Person

Dr. Ellen Meyer-Rogge ist Hautärztin in Karlsruhe und Mitglied im Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. (BVDD). Mit dem Thema Neurodermitis hat sie sich unter anderem in ihrer Dissertation befasst. Heute liegt der Schwerpunkt der Fachärztin auf der ästhetischen Dermatologie.

„Um den starken Juckreiz zu stillen, kratzen Betroffene oft so stark, dass die Hautstellen beginnen zu bluten – und nicht selten erhebliche Verletzungen aufweisen. Besonders Kinder können mit dem ausgeprägten Juckreiz nur schwer umgehen. Vor allem nachts fügen sie sich durch Kratzen im Schlaf oft erhebliche Hautläsionen zu, was das Symptombild der Erkrankung weiter verschlimmert“, erklärt Dr. Ellen Meyer-Rogge, Hautärztin in Karlsruhe und Mitglied im Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. (BVDD).

Neurodermitis beim Kind: sieben Tipps gegen den nächtlichen Juckreiz

Die folgenden sieben Tipps helfen, den nächtlichen Juckreiz bei Neurodermitis zu lindern und Schlafstörungen vorzubeugen:

  • Konsequente Hautpflege: Gegen Trockenheit und Juckreiz stellt eine konsequente Hautpflege (Basistherapie) die tragende Säule der Neurodermitis-Behandlung dar. Mehrmals täglich sollten Eltern die Haut ihres Kindes eincremen, sodass diese gut mit Fett und Feuchtigkeit versorgt ist und die Hautbarriere gestärkt wird. Am besten vor dem Zubettgehen nochmals eincremen.
  • Weite Kleidung: Hautärzte empfehlen, dem Kind weite Kleidung anzuziehen. Sitzt der Stoff zu eng auf der Haut, reibt er und reizt die von Neurodermitis betroffenen Hautstellen: Die Haut wird wund, der Juckreiz wird stärker, und das Wundsekret kann sich mit dem Stoff verkleben, was Hautverletzungen fördert. Sitzt der Stoff locker auf der Haut, ist das nicht nur hautschonender, sondern hat einen weiteren bedeutenden Vorteil: Die Haut bleibt trockener. Schweiß kann besser verdunsten und weicht die Haut nicht auf.
  • Baumwolle und Seide wählen: Besonders geeignet sind Stoffe wie Baumwolle und Seide. Sie sind atmungsaktiv und schaffen ein gutes Klima. Synthetische Stoffe hingegen begünstigen Schwitzen und sind nicht selten kratzig auf der Haut. Auch Wollfäden können die Haut reizen. Tipp: Die Wäsche immer mit einem für Allergiker geeigneten Waschmittel waschen.
  • Baumwollhandschuhe für die Nacht: Für die Nacht können Eltern ihrem Kind Baumwollhandschuhe anziehen, um juckreizbedingten Kratzverletzungen vorzubeugen. Da die Handschuhe nachts von den Händen rutschen können, sollten die Fingernägel immer kurz geschnitten und vorsichtig gefeilt sein. Das senkt das Verletzungsrisiko. Für die Kleinsten gibt es Overalls mit angenähten Füßen und Händen.
  • Nicht zu warmes Schlafzimmer: Schwitzen kann bei Neurodermitis die Haut reizen. Die im Schweiß enthaltenen Salze verstärken das Jucken. Die Feuchtigkeit lässt die Haut aufquellen, und sie wird anfälliger für Reizstoffe und Keime. Leichte Kleidung, atmungsaktive Bettwäsche und eine Umgebungstemperatur von um die 20 Grad können Schwitzen entgegenwirken. Wichtig: Das Kind darf nicht frieren.
  • Haare zusammenbinden: Ist das Kind schon etwas älter und die Haare sind länger, sollten diese beim Schlafengehen nach hinten gekämmt und zu einem Zopf geflochten sein. Das ist auch tagsüber empfehlenswert. Haare können die Haut reizen und Juckreiz verstärken. Bei sehr stark ausgeprägter Symptomatik ist ein kurzer Haarschnitt empfehlenswert, bei dem die Haare nicht in den Nacken, ins Gesicht oder auf die Ohren fallen.
  • Medizinische Hautpflege gegen Juckreiz: Bei starkem Juckreiz in der Nacht können Medikamente Anwendung finden, darunter Präparate mit Kortison zum Auftragen auf die Haut. Kortisonsalben lindern Juckreiz und Entzündungen. Ebenfalls zur Behandlung von Neurodermitis zugelassen sind Pimecrolimus und Tacrolimus. Beide Wirkstoffe gehören zur Gruppe der Immunmodulatoren. Sie werden auf die Haut aufgetragen und hemmen bestimmte Substanzen, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind.

„Es gibt noch weitere Medikamente, die gegen quälenden Juckreiz eingesetzt werden können. Allerdings dürfen nicht alle in jedem Alter angewendet werden. Eltern wenden sich für die Beratung am besten an eine hautärztliche Praxis. Die Behandlung wird dann individuell auf das vorliegende Symptombild abgestimmt“, sagt Meyer-Rogge.

Neurodermitis-Schulungen für Eltern, Kinder und Jugendliche

Ebenfalls empfehlenswert sind spezielle Neurodermitis-Schulungen für Eltern sowie ältere Kinder. Sie helfen, das Krankheitsbild besser zu verstehen. Zugleich lernen Eltern und Kinder verschiedene Verhaltensempfehlungen kennen, mit denen sich die Symptome lindern lassen.

Besonders bei Allergiebeteiligung gilt es, einiges im Alltag und bei der Ernährung zu beachten und Allergieauslöser strikt zu vermeiden. Etwa 30 bis 40 Prozent aller Menschen mit Neurodermitis haben eine allergische Form der Erkrankung.

Eine allergisch bedingte Neurodermitis kann mit Heuschnupfen und Asthma verbunden sein. Etwa ein Drittel der Kinder mit Neurodermitis bekommen bis zum sechsten Lebensjahr zusätzlich Asthma oder Heuschnupfen.

„Informationen zu Neurodermitis-Schulungen können Eltern in der hautärztlichen Praxis, bei ihrem Hausarzt oder der Hausärztin sowie bei ihrer Krankenkasse erfragen. Die Kosten für die Schulung werden in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Klären Sie das vor der Teilnahme am besten mit der Krankenkasse ab“, sagt Meyer-Rogge.

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