Der eigene Trabi wurde von vielen in der DDR mit Hingabe gepflegt, nach der Wiedervereinigung aber ausgemustert. Inzwischen lebt die alte Liebe wieder auf.
Der Traum vom eigenen Auto erfüllte sich für viele DDR-Bürger erst nach langem Warten. Der Trabi genannte Kleinwagen aus Zwickau war deswegen für viele das Objekt der Begierde. Doch nach der Wiedervereinigung machte der technisch veraltete Trabant neben den Westmodellen eine miese Figur, avancierte zum Witzobjekt und wurde auf den Straßen bald zur Rarität.
Seit einigen Jahren lebt der Kleinwagen als Oldtimer auf und hat eine wachsende Fangemeinde: Die Zulassungszahlen steigen. Wer ein solches Auto kaufen will, muss eine stattliche Summe berappen. Woher kommt die neue Liebe zum kleinen Stinker, der in diesem Jahr ein Jubiläum feiert?
Zweitakt-Motor mit zunächst 23 PS, Luftkühlung, Maximaltempo 100 und eine Karosse aus Duroplast statt Blech: Vor 60 Jahren präsentierten die VEB Sachsenring Automobilwerke den Trabant 601 auf der Leipziger Frühjahrsmesse der internationalen Öffentlichkeit – neben einem Horch Baujahr 1911, um auf die stolze Autotradition der Region zu verweisen.
Vorgänger hatte es gegeben, doch mit mehr als 2,8 Millionen Exemplaren wurde der 601 der meistverkaufte Trabant und bis 1990 produziert. Ob pastellblau, polarweiß oder cliffgrün – der 601 hat das Trabi-Bild in den Köpfen geprägt.
Von einer vollkommen neuen Karosserie schwärmt im Frühjahr 1964 das Magazin „Der Deutsche Straßenverkehr“, „die im Stil der modernen Trapezlinie dem internationalen Geschmack entspricht“. Im Vergleich zu seinen Vorgängern biete er mehr Kopffreiheit, einen größeren Kofferraum, Kurbelfenster und Druckknopftürgriffe. „Mit dem Platzangebot im Innenraum liegt der Trabant 601 im internationalen Maßstab an der Spitze der vergleichbaren Fahrzeuge“, frohlockt die DDR-Zeitschrift.
Zwar geht das neue Modell im Juni 1964 in Serie, die Produktion hält aber mit der Nachfrage nie Schritt. Die Folge: Wartezeiten von mehr als zehn Jahren. Das lag auch an Besonderheiten der Karosserie, wie Bernd Cyliax erzählt. Der 79-Jährige arbeitete einst beim VEB Sachsenring. Heute teilt er im Zwickauer Horch-Museum sein Wissen mit Besuchern.
Weil es an Devisen und Rohstoffen fehlte, wurde für die Karosserie Duroplast verwendet. „Duroplast besteht im Prinzip aus Baumwolle, die aus der Sowjetunion kam, und Phenolharz aus Braunkohlenteer.“ Das Ganze – jeweils zehn Teile je Auto – wurde bei 180 Grad gepresst und musste wieder abkühlen. „So ein Pressvorgang dauerte acht Minuten – das war das Problem“, sagt Cyliax.
Dem Trabi brachte diese Eigenheit Kosenamen wie „Plastebomber“ oder „Rennpappe“ ein. Wegen der langen Wartezeiten waren gebrauchte Fahrzeuge häufig teurer als Neuwagen. Doch wer einen ergattert hatte, für den war er oft ein treuer Begleiter – bei der Fahrt an die Ostsee, den Balaton in Ungarn oder bei der ersten Stippvisite nach Westdeutschland Ende 1989. Auf den Straßen wich er danach rasch Modellen von Volkswagen, Ford oder Opel.
Das hält der Kultfilm „Go Trabi Go“ Anfang der 90er in seiner Eingangsszene fest: Während der Deutschlehrer Udo Struutz (Wolfgang Stumph) in Bitterfeld mit Frau und Tochter im Trabi „Schorsch“ zur Reise nach Italien aufbricht, polieren seine Nachbarn bereits ihre Westautos und haben für seinen 601 nur Häme übrig: „Neapel? So kommste nimma bis Leipzsch.“