Die Auffangstation für Reptilien, München e.V., ist eine der wenigen ihrer Art in Deutschland. Genau das bringt die Mitarbeiter an ihre Belastungsgrenze.

Während im Englischen Garten das Leben tobt, ist es nur wenige Meter weiter, in den Räumlichkeiten in der Kaulbachstraße, ganz still. Und das, obwohl auch hier Tausende Lebewesen ein vorübergehendes Zuhause gefunden haben: in der Auffangstation für Reptilien – der größten in ganz Deutschland. Dort werden nicht nur gerettete Tiere untergebracht.

Über 2.500 Tiere leben in Auffangstation

„Jennifer, hier ist dir eine ausgebüchst“, ruft ein Mitarbeiter in Richtung der PR-Beauftragten, Jennifer Vogl, und deutet auf eine kleine Schildkröte, die es sich auf einer Türschwelle gemütlich gemacht hat. Vogl lacht, trägt das Tier zurück in seine Wanne und erklärt: „Das passiert hier schon mal, aber bisher haben wir alle schnell wieder eingefangen“.

Weit mehr als 2.500 Tiere beherbergt die Auffangstation für Reptilien momentan – Tag für Tag kommen neue Schildkröten, Spinnen, Echsen und Schlangen hinzu. Sogar Wildkatzen, Affen und Alligatoren sind in der Einrichtung untergekommen, die sich in München auf drei Standorte verteilt: die Hauptstelle an der Kaulbachstraße, das Exotenhaus in Riem sowie das Schildkrötenrefugium im Norden der Stadt.

Jedes Tier, das in die Auffangstation kommt, hat seine ganz eigene Geschichte: Manches wurde abgegeben oder ausgesetzt – oder ist gar selbst ausgebüxt und lässt sich keinem Besitzer mehr zuordnen.

Andere Tiere mussten hingegen beschlagnahmt werden, weil sie nicht artgerecht gehalten wurden oder ihr Besitz in Deutschland illegal ist. „Einige Halter informieren sich im Vorfeld schlichtweg nicht genug. Zudem werden Tiere von manchen Zoohandlungen viel zu leichtfertig abgegeben“, erklärt Vogl, während sie durch die gut beheizten und mit Terrarien ausgefüllten Räumlichkeiten führt.

Im Schnitt sind die Bewohner ungefähr ein Jahr in der Auffangstation, bevor sie in ein Zuhause weitervermittelt werden können. „Manche Tiere, wie zum Beispiel Chamäleons, sind jedoch so beliebt, dass sie oft direkt nach der Quarantäne weitergegeben werden können. Andere Lebewesen warten jahrelang auf ihre Abholung“, berichtet Vogl. Vermittelt wird sowohl an Privatpersonen als auch an Tierparks und Zoos.

In der Station arbeiten rund zwanzig ausgebildete Zootierpfleger, Tierärzte und freiwillige Helfer Hand in Hand. Jennifer Vogl selbst ist seit drei Jahren Teil des Stationsteams, hat eigentlich BWL studiert. „Früher wollte ich Zootierpflegerin werden, daraus ist aber erst mal nichts geworden. Umso schöner ist es, dass ich jetzt hier mit Bezug zum Tier arbeiten kann“, freut sich die 30-Jährige. Schon in jungen Jahren hat sie selbst Echsen gehalten und ist seit jeher von der Einzigartigkeit der Tiere begeistert.

Die Liebe zu den Tieren will sie an andere weitertragen: „Ich finde es schade, dass viele Leute den Tieren gegenüber nach wie vor Abneigung oder Ekel verspüren. Ich würde mir wünschen, dass sich diese Menschen zunächst mit Reptilien beschäftigen, bevor sie sich ein Urteil bilden.“

Burn-out: So überlastet sind die Mitarbeiter

So erfüllend die Pflege der Reptilien für die Mitarbeiter auch sein mag, so kräftezehrend ist sie laut Vogl auch. Viele Stationshelfer gingen in ihrer täglichen Arbeit an oder sogar über ihre körperliche Belastungsgrenze hinaus. „Wir haben leider das Problem, dass unser Stellenschlüssel vom Ministerium vorgeschrieben wird und wir daher nicht einfach mehr Leute einstellen können oder dürfen“, beklagt Vogl.

Dies sei in Hochzeiten mit vielen Tieren durchaus kritisch, sagt die PR-Referentin – momentan kämen auf einen einzigen Pfleger etwa 250 Tiere. „Zuletzt gab es Mitarbeiter, die uns aufgrund der Diagnose Burn-out‘ verlassen mussten“, führt die 30-Jährige weiter aus.

Als Entlastung für Mensch und Tier soll in Zukunft ein Neubau in Neufahrn sorgen, an dem alle drei Standorte der Auffangstation zusammengelegt werden. So könnten Kosten reduziert und Arbeitswege verkürzt werden. Neunzig Prozent des Neubaus würden planmäßig staatlich gefördert werden, zehn Prozent muss die Einrichtung selbst finanzieren.

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