Münchens Kanalsystem erstreckt sich über 2.400 Kilometer durch den Untergrund der Stadt und versorgt mehr als 1,5 Millionen Einwohner. So funktioniert das System dahinter.

Die lange Nacht der Münchner Museen Mitte Oktober: Nicht weit von der U-Bahn-Station „Alte Heide“ steht eine Traube von Menschen. Sie alle wollen dorthin, wo man sonst nicht hinkommt: in den Untergrund Münchens. Schließlich stößt Steffen Graf dazu. Er ist ein Pressesprecher der Münchner Stadtentwässerung. Er führt, im Wechsel mit seinen Kollegen und Kolleginnen, die Traube in die Welt unter der Stadt.

Seine Führung startet Graf mit der Kanalgeschichte: „Wir sind hier in einem Abschnitt, der museumsreif ist“, sagt er. Hier könne man gut sehen, wie damals Kanäle gebaut wurden. Stein auf Stein. Damals sei das oberste Ziel gewesen, Abwasser und Regenwasser erst einmal aus der Stadt rauszubekommen und über große Kanäle in Richtung Klärwerk zu leiten. „Heute könnte man auch darüber nachdenken, das Regenwasser in der Stadt zu halten und in trockenen Perioden, wenn Wasserknappheit herrscht, zu verwenden“, so Graf.

Während Graf spricht, sind immer wieder dumpfe Geräusche von oben zu hören, die in der dunklen Kanalisation schon ein wenig gruselig klingen. Der ein oder andere Zuhörer schaut besorgt nach oben. Doch es sind nur die Autos, die über den Köpfen der Besucher die Straße entlangfahren. Graf stört das nicht. Er erklärt unbehelligt sein Unternehmen: Das wäre für alles verantwortlich, was Stadtbewohner so das Klo herunterspülen.

Für die Stadt München sind zwei Großklärwerke zuständig. Beide seien, so Graf, für bis zu drei Millionen Einwohner ausgelegt. Laut der Stadt München leben derzeit 1.597.049 Menschen hier. Hinzu kommen die im Süden/Südosten der Stadt indirekt an das Münchner Kanalnetz angeschlossenen Einwohner von Nachbargemeinden, also weitere rund 300.000 von Grünwald, über Pullach, Unterhaching, Ottobrunn bis nach Keferloh, die von der Münchner Abwasserreinigung profitieren.

Heute habe die Kanalisation ein Netz von 2.436 Kilometern. Pressesprecher Graf vergleicht es mit dem menschlichen Blutkreislauf: „Die kleinen Kanäle am Stadtrand kann man mit unseren Fingern vergleichen und wenn das Klärwerk dann das Herz darstellt, dann werden die Kanäle dorthin immer größer.“

Komplett neue Kanalabschnitte würden hingegen so gut wie kaum mehr gebaut werden, außer Verbindungsstücke bei Neuerschließungen, wie es zum Beispiel in Freiham der Fall ist. Wenn der Kanalbau geplant werde, dann Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vorher, so Graf. „Wir rechnen jetzt schon mit dem Zustand, in dem München in 50 Jahren sein könnte.“

Im Schnitt verbraucht der Münchner um die 121 Liter Wasser am Tag. Graf schätzt, dass knapp mehr als 100 Liter davon im Kanal landen. „Wenn man das auf die Einwohnerzahl hochrechnet, dann weiß man, womit man zu rechnen hat.“ Was man allerdings nicht planen könne, seien die Regenereignisse. „Und die werden feststellbar immer kurzfristiger. Folgen immer schneller aufeinander.“

Für den Fall, dass die Kapazität der vorhandenen Klärwerke in ferner Zukunft nicht mehr reichen sollte, gibt es Pläne. Die Klärwerke werden technisch weiter entwickelt und gegebenenfalls erweitert.

Wenn das Abwasser der Münchner dann seinen Gang durch die Klärwerke gemacht hat und in mehreren Stufen gereinigt wurde, wird es wieder in die natürlichen Gewässer geleitet. Dieser Prozess der Reinigung dauert bei Trockenwetter im Schnitt um die 17 Stunden. Danach fließt das Wasser dann früher oder später beispielsweise wieder in die Isar.

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